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Sonntag, den 16. Februar 2003, 12:48 Uhr (veröffentlicht von Christian Hölscher) [Permalink]

Karneval und Kirche

So langsam kommt der Karneval in Schwung. Viele wissen es vielleicht nicht, aber der Karneval und die Kirche stehen in einem Zusammenhang, es sind keine Gegensätze, beides hat miteinander zu tun:

"Warum rührt uns das Schöne?"
Gedanken zum Carnelevale. Von Klaus Zedtwitz

"Warum rührt uns das Schöne? Es schmerzt uns seine Einsamkeit, sein unerwartetes Kommen, sein baldiges Vergehen"
(Karl Ferdinand Gutzkow)

Ob Karneval vom mailändischen carnelevale "Fleisch wegnehmen" oder von carne vale "Fleisch, leb wohl" herkommt, der Hintergrund ist ebenso deutlich wie beim deutschen (bajuwarisch/ alamanisch) Fastnacht (Fasnet): Karneval und Fastnacht sind von der anschließenden kirchlichen Fastenzeit her nicht zu trennen. Auch das Wort Fasching, von vastschane (Ausschank des als Fastentrunk gebrauten Starkbiers), macht es deutlich. Dieser Zusammenhang gerät heutzutage in Vergessenheit, weil die Fastenzeit ihre gesellschaftliche Bedeutung weitgehend verloren hat.

Um das Jahr 1200 kamen die Bezeichnungen Karneval, Fastnacht und Fasching auf. Jahrhunderte zuvor hatte Papst Gregor der Große (590- 604 ) verfügt, dass ein Christ in Anlehnung an Jesu 40-tägigen Aufenthalt in der Wüste 40 Tage vor Ostern (die Sonntage waren ausgenommen) fasten müsse. In dieser Jahreszeit gingen auch die Wintervorräte zu Ende. Da die Fastenzeit für arm und reich gleichermaßen galt, hatte sie auch eine eminent gesellschaftspolitische Seite: Während die einfacheren Menschen mit der Nahrung sorgsam umgehen mussten, durften die Reichen nicht prassen.

Das, was wir mit den christlich geprägten Begriffen Karneval und Fastnacht bezeichnen, hat allerdings eine weit ins Vorchristliche hineinreichende menschheitsgeschichtliche Dimension: Vor 4000 Jahren feierten die Sumerer in Mesopotamien die Fruchtbarkeitsgöttin Ischtar. Da schminkten sich Männer als Frauen, Frauen verkleideten sich als Krieger. Es gab Umzüge, Musik und Tanz und das Bier floss schon damals in Strömen. Aber die Zeit der Ausgelassenheit war begrenzt. Die Griechen hatten Feste zu Ehren des Dionysos, die Römer feierten das Fest der Saturnalien mit üppigen Gastmählern und Rollentausch zwischen Sklaven und Freien - und die Germanen veranstalteten fröhliche Umzüge für die Erdgöttin Nerthus. "Einmal im Jahr, so legt der Blick auf die Kulturgeschichte der Menschheit nahe, muss der Homo sapiens offensichtlich das Zaumzeug von Vernunft und Disziplin ablegen: Dann ist es Zeit zum seelischen Frühjahrsputz", so Peter Köhler (DB mobil 2/2000, 17).

Im Jahre 1797 hatte Napoleon die Republik Venedig erobert und der 1100-jährigen Selbstständigkeit ein jähes Ende gesetzt. Der Karneval als regimekritisches "Ventil" wurde verboten. Erst 1979 wurde er wiederbelebt. Künstler und Studenten haben die prachtvollen Masken-und Kostümfeste des 18. Jahrhunderts wieder aufleben lassen. Der venezianische Karneval kennt nicht die ausgelassene rheinische Fröhlichkeit. Er ist vielmehr melancholisch, ja hat, so meinen manche, eine morbide Schönheit. Man feiert in einer Stadt, die am Meer liegt. Die Menschen dort wussten in den Jahrhunderten seit der Stadtgründung im 5. Jahrhundert um ihre Gefährdung. Und die Bemühungen heutzutage, Venedig zu retten, unterstreichen dies nur allzu deutlich.

Ich selbst habe nie den venezianischen Karneval erlebt. Doch wenn ich den Bildband von Jürgen Schug, Venedigs Maskenspiel, vor Augen habe, dann vermittelt sich mir ein bestimmtes Bild von menschlichem Leben: Es ist schön und traurig zugleich. Und ich werte es je nach Tagesform: Es ist traurig, aber doch schön! Oder: Es ist schön, aber doch traurig! Und dazwischen gibt es verschiedene Stufungen.

Was für ein Symbol im Übergang zwischen Fastnacht und Fastenzeit am Aschermittwoch! Über unserem (schönen) Leben wird die Asche ausgestreut. "Gedenke, o Mensch, dass du Staub bist und zum Staube zurückkehrst". Eine traurig-schöne Geste, die carnelevale oder carne vale zu einer existentiellen Wirklichkeit werden lässt: Einmal werden wir unser Fleisch, unseren Körper lassen müssen. Tatsächlich eine nachdenkliche Aufforderung zum "Frühjahrsputz" in der Fastenzeit! Doch die Fastenzeit endet mit Ostern: "Wir werden alle verwandelt werden... Denn dieses Vergängliche muss sich mit Unvergänglichkeit bekleiden und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit" (Paulus in 1 Kor 15, 51. 53) Doch mit der frohen Botschaft Jesu hat die Lebensfreude jetzt schon den Vorrang vor der Traurigkeit bekommen.

Quelle: KIRCHE auf dem Weg, Mitteilungsblatt für das Katholische Dekanat Heidelberg


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